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Keine Evidenz für fettarme Milch!

Wer kennt nicht  die Empfehlung, Milch und Milchprodukte nur in ihren fettreduzierten Varianten zu verzehren? Praktisch alle Ernährungsorganisationen und viele Berater tun es, meist mit der Begründung, so spare man überflüssige Kalorien und unerwünschte gesättigte Fettsäuren ein. Ziel dieser weit verbreiteten Maßnahme ist es,  Gewichtszunahmen zu verhindern, Gewichtsabnahmen zu fördern sowie Herz und Gefäße gesund zu halten. Soweit die Theorie.

Wissenschaftlich belegen lässt sich die Empfehlung der fettarmen Milchvarianten allerdings nicht. Darauf weisen jetzt (endlich) zwei “Schwergewichte der Ernährungsmedizin”, die beiden Harvard-Professoren David Ludwig und Walter Willett,  in JAMA Pediatrics hin. Ihre wichtigsten Argumente:

  • Es gibt kaum Studien, die die gesundheitlichen Effekte von Voll- und Magermilch miteinander verglichen haben.
  • Der Genuss von Vollmilch trug in drei großen Kohortenstudien – im Gegensatz zu zucker- und stärkereichen Speisen und Getränken – nicht zum Gewichtsanstieg bei.
  • Kinder, Jugendliche und Erwachsene nahmen nicht weniger, manchmal sogar mehr zu, wenn sie fettarme Milchprodukte anstelle der Vollmilchvarianten konsumierten.
  • In Sachen Gewichtsverlust schneidet die Fettvermeidung nicht besser ab als andere Strategien.
  • Fettreduzierte Lebensmittel sind von Nachteil, wenn sie weniger gut sättigen als die vollfetten Varianten und wenn stattdessen mehr Zucker und Stärke gegessen wird.
  • Die verringerte Aufnahme von gesättigten Fettsäuren bietet ebenfalls keinen gesundheitlichen Vorteil, wenn anstelle der gesättigten Fettsäuren mehr Kohlenhydrate verzehrt werden.
  • Wird – wie an vielen Schulen üblich – fettarme Schokomilch propagiert, nehmen die Kinder pro Portion ca. 3 g weniger gesättigte Fette auf, dafür jedoch 13 g mehr Zucker. Ergo sinkt die Nahrungsqualität im Vergleich zu Vollmilch.

Die Autoren fassen zusammen, dass es keine wissenschaftliche Evidenz für die Empfehlung gibt, Vollmilch durch fettreduzierte Varianten zu ersetzen: Es bringt keine Vorteile für die Figur und die Herz- und Gefäßgesundheit, und es kann schaden, wenn statt der Fette mehr (hochglykämische) Kohlenhydrate gegessen werden. Da die optimale Milchmenge vielen Einflüssen unterliegt und weil der Mensch nicht unbedingt Milch(-produkte) konsumieren muss, sollten die Mengenempfehlungen variabler werden, man sollte sich auf die Vermeidung zuckergesüßter Milcherzeugnisse konzentrieren, und die Empfehlung zur Bevorzugung fettreduzierter Varianten sollte vermieden werden.

Diplom Oecotrophologin, Freie Wissenschaftsjournalistin, neugierig, kritisch, undogmatisch

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